Psychologische (qualitative) Marktforschung:
Motivanalyse bei Kunden

Vielen Unternehmen liegen genügend quantitative Daten über Kundenstrukturen vor. Etliche Unternehmen haben auch Bedarfs- und Zufriedenheitsanalysen innerhalb ihrer Kundschaft durchgeführt. Meist beruhen diese Erhebungen auf quantitativ orientierten (Fragebogen)-Analysen. Diese Methode kann eine große Untersuchungsbreite gewährleisten, hat aber auch konstruktionsbedingt gravierende Einschränkungen: Die Antworten sind schon durch Art und Menge der Fragen stark eingegrenzt. Dies gilt vor allem natürlich für „Ja / Nein“-Fragestellungen, aber auch für Rating- beziehungsweise Gewichtungs-Konstruktionen und auch für offene Antwortmöglichkeiten auf spezielle Fragen. Insofern können zwar vorgegebene Kriterien überprüft und auch Tendenzen im Vergleich zu früheren gleichlautenden Befragungen abgeleitet werden. Allerdings lässt die Methode nur sehr wenig Spielraum für qualitativ neue Erkenntnisse, da nur die Erkenntnisfelder „herauskommen“, die durch die Fragen „eingegeben“ worden sind.

Wir wählen deshalb (oft zusätzlich) den qualitativen Ansatz der Motivforschung. Hier wird nach den verhaltenssteuernden emotionalen Einstellungen gesucht.  Diese Motive sind nicht immer direkt erfassbar, da sie häufig durch scheinrationale Argumente überdeckt werden.

 

Quantitative Methoden erfassen vor allem die Oberfläche der Argumentation: Beispielsweise werden viele Kunden behaupten, dass sie sich wegen des besseren „Preis-Leistungs-Verhältnisses“ für ein Produkt oder eine bestimmte Dienstleistung entschieden hätten. Sie würden dies auf Abfrage auch einzeln begründen. Diese Argumentationsstruktur wird durch quantitative Methoden in statistischer Breite erfasst. Die Schlüsselfrage lautet dabei: „Wie viele Personen begründen ihre Entscheidungen und Verhaltenstendenzen mit welchen (oft vorgegebenen) Argumenten?“

Beispiel, erster Teil: Ein Systemanbieter für Softwarelösungen hatte mittels Standardfragebogen erfahren, dass ein großer Prozentanteil seiner Kunden vor allem das zur Auswahl vorgegebene Kriterium „Flexibilität“ als wichtiges Dienstleistungs- und Produktmerkmal erwartete. Als technisch orientiertes Unternehmen interpretierte der Lieferant diese Erwartung natürlich in Richtung technisch flexibler Lösungen

 

Die qualitative Methode aber geht tiefer und richtet sich nach der Leitfrage:
„Welches Produkt/Dienstleistungs-Merkmal spricht welche Motive so wirksam an, dass es damit subjektiv einen bestimmten Preis wert ist?“

 

Beispiel, zweiter Teil: In der qualitativen Nachuntersuchung zu oben beschriebenem Ergebnis wurde klar, dass die meisten Kunden technische Flexibilität bei allen Anbietern voraussetzen. Die Kunden erwarten aber darüber hinaus, dass der Lieferant exzellentes Verständnis für ihre Firmensituation, ihre Entscheidungsstrukturen und ihre Gepflogenheiten entwickelt. Präziser ausgedrückt hieße dies vielleicht „Empathie“ oder „innere Anteilnahme“. Diese Erkenntnis war Basis für ein Außendiensttrainingsprogramm, welches über technische Flexibilität weit hinaus geht.

 

Qualitative Verfahren konzentrieren sich auf eine relativ kleine Stichprobe von Personen und beruhen auf sogenannten „non-direktiven Tiefeninterviews“: Hier orientieren sich erfahrene Interviewer an Themenfeldern, die Fragen knüpfen vertiefend an den jeweiligen Antworten der Befragten an.

In der inhaltsanalytischen Auswertung zeichnen sich dann im Ergebnis diejenigen Verhaltens- und Bewertungsmuster ab, welche hinter den scheinbar rationalen Aussagen der Kunden stehen und für Entscheidungen tatsächlich bedeutsam sind.

 

Die Erkenntnisse aus den Untersuchungen können beispielsweise in einzelne Bausteine von Vertriebsstrategien umgesetzt werden.  Dies kann die Art der Kundenansprache und Maßnahmen zu dauerhafter Kundenbindung umfassen. In Ableitungen können der Einsatz verschiedener Marketinginstrumente ebenso wie auch Schulungs- und Trainingskonzepte für Vertriebsmitarbeiter gezielter gesteuert werden.

 

 

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